Aug 05 2023

Ausweg aus der Geldwertillusion

Die Zeiten von Null- oder gar Negativzinsen sind vorbei. Viele Anleger freuen sich, dass es nun für ihr mühsam Erspartes scheinbar interessante Anlageangebote von den Banken mit zwei, drei oder gar vier Prozent Zinsen auf Tages- und Festgelder gibt und sich daher das eigene Geld wieder vermeintlich risikofrei mehren lässt.

Geld vermehrt sich, aber Geldwert sinkt

Das Geld in der Summe vermehrt sich zwar, aber nicht der Geldwert. Aktuell liegt die von den Statistikämtern ermittelte Inflationsrate immer noch bei 6 Prozent (die Realität wird hier nicht vollumfänglich dargestellt, lesen Sie hierzu mehr). Anders ausgedrückt: Mit einem Euro kann man sich in einem Jahr nur noch so viel kaufen, was heute etwa 94 Cent kostet.

Drei Prozent Zinsen beispielsweise auf einem Tagesgeldkonto lassen einen Euro nach einem Jahr nominal auf einen Euro und drei Cent anwachsen, jedoch lassen sich dann nach dem heutigen Stand nur noch Dinge im Wert von 97 Cent erwerben. Real, d. h. unter Berücksichtigung der Inflation, bringt die magere Verzinsung also nicht nur nichts, sondern das Geld verliert sogar an Kaufkraft. Somit haben sich klassische Sparanlagen aus dem Banken- und Versicherungsbereich als Geldwertvernichtungsinstrumente etabliert.

Lohnverlust trotz Gehaltserhöhung

Diese Entwicklung lässt sich ebenfalls bei Löhnen und Gehältern beobachten - im ersten Quartal stiegen die Nominallöhne gegenüber dem Vorjahr um 5,6 Prozent. Aber im gleichen Zeitraum kletterten die Verbraucherpreise um 8,3 Prozent, das hat laut dem Statistischen Bundesamt einen Realverlust von 2,3 Prozent zur Folge. Das Problem ist die Orientierung an Zahlen und nicht am realen Wert des Geldes.

Unser Gehirn stellt uns eine Falle

Während der Schulzeit wurden die Themen Zinsen und Inflation im Mathematik- oder Wirtschaftsunterricht behandelt. Insofern verstehen wir das Problem intellektuell durchaus und sind in der Lage die Auf- bzw. Abzinsung unserer Kaufkraft zu errechnen. Unser Gehirn rechnet aber lieber nominal als real. Schlicht, weil man hier nicht so viel denken muss und demgemäß weniger Energie verbraucht. Damit stellt uns das an ein Leben in der Altsteinzeit angepasste Gehirn eine Falle, die als Geldwertillusion bezeichnet wird.

Kaufkraftverlust nicht fühlbar

Sehen wir ein Guthaben - egal ob in Form eines Kontostandes auf dem Girokonto oder als Bargeld - so betrachten wir es analog zu Gegenständen, wie etwa einem Haus oder anderen Anschaffungen. Eine bestehende Immobilie ist auch in einem Jahr noch eine Immobilie. Beim Geld ist die Lage jedoch völlig anders, wie wir am Beispiel oben gesehen haben. € 100 Euro sind nach einem Jahr eben keine € 100 mehr (wert).

Dieser Umstand ist bekannt bzw. lässt sich errechnen, es fühlt sich allerdings nicht so krass an. Um es richtig zu empfinden, müssten wir von einem Geldschein kleine Stücke abschneiden oder in der Konto-App mit einem rückwärts laufenden Zähler regelmäßig kleine Beträge vom Kontostand abziehen. Die Geldwertillusion bildet den Hauptgrund dafür, warum wir zu wenig über die negative Realverzinsung unserer Geldanlagen oder über die negative Entwicklung unserer Reallöhne frustriert sind.

Ausweg aus der Geldwertillusion

Wichtig ist, sich aktiv von der Sinnestäuschung der Geldwertillusion freizumachen und sich bewusst immer wieder die Effekte des Kaufkraftverlustes durch Inflation ins Gedächtnis zu rufen. Denn nur auf diesem Weg können gröbste Fehlwahrnehmungen vermieden und die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Ein Ausweg aus der allgemein negativen Entwicklung von Reallöhnen ist für den Einzelnen in der Praxis nur schwer zu finden, dagegen kann man bei einer Geldanlage durchaus gegensteuern.

Unterscheidung Geld- und Sachwertanlagen

Kapitalanlagen lassen sich, vereinfacht dargestellt, in Geldwert- und Sachwertanlagen unterteilen. Geldwertanlagen verbriefen einen Anspruch auf bestimmte Geldbeträge. Bekannte Beispiele hierfür sind neben dem Bargeld auch Sparkonen, Fest- und Tagesgelder, Anleihen, Bausparverträge und Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen. Diese Art Sparanlagen unterliegen ganz dem Kaufkraftschwund aufgrund der Inflation.

Anders sieht es bei Sachwertanlagen aus. Diese untermauern Ansprüche auf reale Wertgegenstände, wie etwa Immobilien, Grund und Boden, Aktien, Aktienfonds und Edelmetalle. Reale Wertgegenstände können nicht beliebig vermehrt werden und steigen daher im Preis, wenn alle anderen Preise nach oben gehen.

Altersvorsorge in Sachwertanlagen

Es ist eminent wichtig, einen möglichst großen Anteil langfristiger Vermögensanlagen in Sachwerte zu tätigen. Das schützt aber nicht zwangsweise vor der Geldwertillusion, denn es durchaus möglich, dass man sich über einen vermeintlichen Kursanstieg der Aktien freut, obwohl der Zuwachs ganz oder teilweise durch die Inflation aufgefressen wird. Traditionell legen viele Sparer hierzulande ihr Guthaben lieber in Geld- als in Sachwertanlagen an, was deutlich die Quote der Aktionäre bzw. Fondsguthaben und der Anteil an Immobilieneigentümer im Vergleich zu anderen Industrienationen zeigt.

Gerade für junge Menschen (aber nicht nur) ist es wichtig, möglichst in Sachwertanlagen zu investieren, um sich bedingt durch die Geldwertillusion nicht in falscher Sicherheit eines Wertzuwachses von Geldwertanlagen zu wiegen, obwohl die tatsächliche Kaufkraft doch in der Realität sinkt. Der einfachste Weg dafür ist ein breit streuender Aktienfond.

 

 

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