Strafzins für alle
Wie allgemein bekannt sein dürfte, sind neben den Lebensversicherern die Banken die großen Verlierer der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Es ist nicht nur, dass sie in ihrem Hauptgeschäft - dem Verleihen von Kundengeldern - immer weniger verdienen, mittlerweile müssen sie sogar Negativzinsen in Höhe von 0,5 Prozent zahlen, wenn überschüssige Liquidität bei den Landeszentralbanken geparkt wird.
Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck ist Vorreiter
Die Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck belastet alle Tagesgeld-Guthaben neuer Kunden seit dem 1. Oktober 2019 mit einem Verwahrentgelt von 0,5 Prozent, und das ab dem ersten Cent. Bei einigen Wettbewerbern gelten derartige Kosten erst bei Summen von über € 100.000. Auch neueröffnete Girokonten ab einem Guthaben von € 20.000 sind betroffen. Altkunden blieben bislang von der Regelung verschont. Der Vorstand der Volksbank Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck, Robert Fedinger, äußerte dazu: „Wir wollen unsere langjährigen Kunden schützen, solange dies möglich ist.“
Immer mehr Geldhäuser verlangen Strafzinsen
Nach und nach verlangen immer mehr Privatbanken und auch öffentlich rechtlich organisierte Geldhäuser von ihren Kunden Verwahrentgelte. Das Ganze klingt noch verhalten, ist aber in der Realität nur eine nette Umschreibung von Strafzinsen. Anfangs fand diese Regelung nur bei Geschäftskunden Anwendung, betrifft nun aber immer mehr Privatpersonen, so berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung ((FAZ) unter Verweis auf den November-Monatsbericht der Deutschen Bundesbank. Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern, kritisierte die Praxis Privatkunden mit einem Verwahrentgelt zu belasten. „Letztendlich zahlt der Kunde die Negativzinsen der EZB.“ Auch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sieht Sparer als „die Leidtragenden der Negativzinsen.“ Ob und in welchem Umfang nun Kreditinstitute Verwahrentgelte erheben, ist letztendlich eine Entscheidung der einzelnen Banken.
23 Prozent der Banken greifen zu
Derweil haben 23 Prozent von rund 220 untersuchten Banken einen „negativen volumengewichteten Durchschnittszinssatz“ gemeldet. Das entspricht einem Viertel der gesamten Einlagen privater Haushalte bei deutschen Banken. „Negative Zinsen werden hier vor allem von Großbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken berechnet“, zitiert die FAZ die Bundesbank.
Strafzinsen für Firmenkunden sind übliche Praxis
Die vorherigen Zeilen machen uns deutlich, wie weit Minuszinsen bereits verbreitet sind. Mittlerweile berechneten im September 58 Prozent der Kreditinstitute einen negativen Durchschnittszinssatz auf immer verfügbare Sichteinlagen ihrer Geschäftskunden, so das FAZ. Dies entspricht 79 Prozent des gesamten Sichteinlagevolumens von Unternehmen bei deutschen Geldhäusern. „Die Berechnung negativer Zinsen gegenüber Unternehmen scheint dabei eine über fast alle Bankengruppen hinweg übliche Praxis zu sein“, so schreibt die Bundesbank.
Termineinlagen von Negativzinsen (noch) verschont
Dagegen bleiben Termineinlagen, die erst nach Ende einer fixen Laufzeit verfügbar sind, von Negativzinsen (noch) verschont. Aktuell wurde nur ein Prozent dieser Anlageform bei Privatleuten negativ verzinst, Termineinlagen von Firmenkunden zu 19 Prozent.
Negativzinswelle droht
Bankenexperte Prof. Hans-Peter Burghof äußert in einem Interview mit der Bild auf die Frage ob zukünftig weitere Banken Strafzinsen für Privatkunden planen: „Erwägen werden das im Moment alle.“ Sollte EZB-Chefin Lagarde die Nullzinspolitik fortführen – wovon auszugehen ist – wird auch der Branchenprimus Deutsche Bank, seine privaten Kunden zur Kasse bitten. „Dann wird ein Tabu gebrochen und die Negativzinswelle rollt auf Sparer zu“, so Prof. Burghof.
Strafzinsen dürfen nicht über den Kopf der Kunden hinweg eingeführt werden
Kreditinstitute dürfen Strafzinsen nicht über den Kopf ihrer Kunden hinweg einführen. „Will eine Bank von ihren Bestandskunden einen Negativzins erheben, muss sie dies mit den betroffenen Kunden individuell vereinbaren“, erläutert Oliver Maier vom Onlineportal Verivox. Denn für Negativzinsen gelten höhere Anforderungen als bei anderen Zinsänderungen. Laut einem Urteil des Landgerichts Tübingen, darf eine Bank nicht ohne Weiteres den Preisaushang ändern um Verwahrentgelte einzuführen. Sollte also zur Kontoführungsgebühr dieser zusätzliche Kostenpunkt erhoben werden, so handelt es sich um eine doppelte Bepreisung, die nicht erlaubt ist.
Bundesfinanzminister Scholz sieht keine Massenphänomen
Bundesfinanzminister Scholz (SPD) mahnt Sparkassen und Banken, Sparer nicht mit Strafzinsen zu belasten. „Ich glaube, dass die Banken schlecht beraten sind, wenn sie der breiten Masse ihrer Kundinnen und Kunden Negativzinsen in Rechnung stellen“. Er glaubt ebenfalls, dass dies in den meisten Fällen nicht möglich sei und Negativzinsen zu keinem Massenphänomen werden. Wie soll sich ein Politiker in besagter Position auch sonst äußern?! Der typisch blinde Aktionismus, für den die bezahlten Volksvertreter ja bekannt sind.