Fragwürdige Geschäfte bei der Rückabwicklung von Lebensversicherungen
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Viele Gesellschaften belehrten ihre Kunden häufig nicht vorschriftsmäßig über Widerrufsrechte für zwischen 29. Juli 1994 und 31. Dezember 2007 abgeschlossene Renten- und Lebensversicherungen. Nach § 5a Versicherungsvertragsgesetz a.F. (VVG) war die Widerrufsbelehrung nur dann ordnungsgemäß, wenn sie in drucktechnisch deutlicher Form darüber aufklärte und darauf hinwies, ab welchem Zeitpunkt die Frist für den Widerspruch beginnt. Außerdem galt ab den 01. August 2001 der Vermerk, dass der Widerspruch in Textform erfolgen muss.
Ewiges Widerrufsrecht
Wurden diese Voraussetzungen nicht erfüllt, besitzen die Verträge mitunter ein sogenanntes „ewiges Widerrufsrecht“, so entschied der Bundesgerichtshof in seinen Urteilen vom 07. Mai 2014 (Az. IV ZR 76/11) und 29. Juli 2015 (Az. IV 384/14 und IV ZR 448/14). Fondsgebundene Verträge unterliegen dem Urteil vom 11. November 2015 (Az. IV ZR 513/14).
Rund-um-Sorglos-Pakete schießen wie Pilze aus dem Boden
Firmen, welche die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrages als Rund-um Sorglos-Paket anbieten, schossen in letzter Zeit wie Pilze aus dem Boden. Darf man den rosigen Werbeversprechen glauben, muss sich der Kunde selbst um nichts kümmern. Für ihn wird Widerspruch bei der jeweiligen Versicherungsgesellschaft eingelegt und falls notwendig vor Gericht gestritten. Am Ende erhält der Kunde sogar noch wesentlich mehr Geld, als bei einer normalen Kündigung.
Warnung durch Marktwächter Finanzen
Aber leider sieht es in der Realität meist anders aus, warnt der Marktwächter Finanzen, ein Gemeinschaftsprojekt der Verbraucherzentralen. Teamleiterin Sandra Klug meint dazu: „Wir Marktwächter haben ein bundesweites Frühwarn-Netzwerk, da melden alle 200 Beratungsstellen der Verbraucherzentralen auffällige Fälle rein. Und wir haben gerade in letzter Zeit wieder vermehrt neue Fälle bekommen zu diesen Rückabwicklungsanbieter.“
Häufig nur Vermittlung von Anwälten
Eine Untersuchung ergab, dass eine Vielzahl der Dienstleister nur die Rückabwickung von Lebensversicherungen betreiben. Dabei beschränkt sich das angebliche Rund-um-Sorglos-Pakete lediglich auf die Vermittlung eines Anwaltes. Sandra Klug betrachtet dies mit Skepsis: „Wir haben eben halt einfach viele Fälle, wo die Verbraucher gar keinen Nutzen aus dieser Dienstleistung ziehen konnten. Wir sehen eben, dass gar nicht geprüft wird, ob es sinnvoll ist, einen Widerspruch durchzuführen. Sondern es wird den Verbrauchern vorgegaukelt, dass das jetzt das Beste ist, was sie machen können und ist sehr unreflektiert.“
GDV ebenfalls skeptisch
Der gleichen Meinung ist auch Peter Schwank, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Sie prüfen häufig gar nicht, wie die Rechtslage ist, sondern verschicken relativ pauschale Schreiben und kassieren dafür Anwaltsgebühren oder möchten dann einen erheblichen Teil etwaiger Mehrerlöse einkassieren.“
Hohe Kosten
Von den Dienstleistern werden teilweise kräftige Erfolgsbeteiligungen verlangt, die bis zur Hälfte des Betrages liegen, der aus der Rückabwicklung fließt. Dazu kommen noch Gebühren für den Anwalt. Besteht keine Rechtsschutzversicherung bzw. gibt diese keine Deckung, lohnt der Aufwand nicht. Auch wenn sich viele dieser Rückabwickler gerne als Samariter der Verbraucherrechte darstellen, verfolgt ihr Prüfen doch nur einen Sinn, nämlich die Mehrung des Inhaltes im eigenen Geldbeutel.
Versicherer scheuen rechtskräftige Urteile
Im eigenen Interesse wollen Versicherer rechtskräftige Urteile verhindern. Ich werde regelmäßig bei Kundengesprächen gefragt, wie lange sich ein entsprechendes Verfahren hinziehen kann – eine pauschale Antwort dafür gibt es nicht. Die Dauer hängt vom zuständigen Gericht und vor allem vom jeweiligen Bundesland ab. Die schnellste Variante ist, wenn sich die beiden Parteien außergerichtlich einigen. Hier ist mit drei bis sechs Monaten zu rechnen. Kommt es zu einem gerichtlichen Vergleich in der ersten Instanz, verlängert sich die Zeitdauer auf rund ein Jahr. Soll ein Urteil ergehen, ist mit rund zwei Jahren zu rechnen. Da sich allerdings jeder Fall anders gestaltet, können die Zeitangaben lediglich als Richtwert betrachtet werden.
An Fachanwalt wenden
Steht tatsächlich der Wunsch nach einer Rückabwicklung an, dann wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Versicherungsrecht und zwar vorzugsweise an jemanden, der nicht nur über eine entsprechende Fachausbildung verfügt, sondern auf diesem Gebiet auch praktiziert.
Lohnt Abwicklung wirklich?
Es gibt definitiv keine Pauschalaussage darüber, ob eine Rückabwicklung lohnenswert ist. Ältere Verträge besitzen einen relativ hohen Garantiezins und steht ein derartiger Vertrag kurz vor dem Ablauf, gibt es zusätzlich einen Schlussüberschuss, der bei einer Rückabwicklung verfällt. Die Höhe des Rückzahlungsanspruchs ergibt sich aus dem Gesamtbetrag der gezahlten Prämie abzüglich des Versicherungsschutzes (Risikoanteil für Todesfallabsicherung), Abschluss- und Verwaltungskosten, sowie etwaiger Kapitalertragssteuer. Laut der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) müssen Versicherungsgesellschaften Nutzungszinsen zahlen, d.h. Anteile von Erträgen, die mit den Kundengeldern erwirtschaftet wurden.
Umschichten in lukrativere Anlageformen
Andererseits kann es auch Sinn machen, mit der Auszahlungssumme dringende Anschaffungen zu tätigen oder etwa laufende Darlehensverpflichtungen zu tilgen. Alternativ könnte man das freiwerdende Guthaben auch in lukrativere Anlagen umschichten. Wie bereits in einigen Blog-Artikeln erwähnt, gelten Lebensversicherungen wegen ihrer stark eingebrochenen Renditen, als einer der großen Verlierer der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Wenn eine Kündigung sinnvoll ist, kann der Vertrag beendet und das Eingangs erwähnte ewige Widerrufsrecht auch noch zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht werden.
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