Keine nachträgliche Einführung von Strafzinsen
Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht deutschen Kreditinstituten das Leben schwer - davon habe ich bereits mehrfach berichtet. Für überschüssige Liquidität, die sie bei den Landeszentralbanken parken, berechnen diese einen Strafzins von 0,4 Prozent. Ein Aufschrei ging durch die Medien, als vor gut zwei Jahren die Skatbank, die Direktbanktochter einer thüringischen Volksbank, diese Kosten auf vermögende Kunden abgewälzt hat. Mittlerweile sind eine Reihe weiterer Banken diesem Beispiel gefolgt, wie etwa die Volksbank-Raiffeisenbank Niedersachsen, die Volksbank Pinneber-Elmshorn, die Raiffeisenbank Gmund oder die Volksbank Stendal. Dort verlangt man von vermögenden Privat- und Gewerbekunden sog. Verwahrentgelte, sofern diese auf liquiden Konten mehr als € 100.000 bzw. € 500.000 angespart haben.
Negativbeispiel Volksbank Reutlingen
Federführend wollte als erstes Institut die Volksbank Reutlingen Strafzinsen für Anlagen ab einen Wert von € 10.000 einführen. Ungehaltene Kunden meldeten jedoch diesen Vorfall der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die daraufhin im Sommer vergangenen Jahres eine Unterlassungserklärung anstrengte. Da aber das beklagte Kreditinstitut besagte Erklärung nicht abgab, endete der Vorgang vor Gericht.
Keine Strafzinsen für bestehende Konten
Als die Volksbank Reutlingen im letzten Jahr Negativzinsen für drei Produkte einführte, darunter fiel auch die Festgeldanlage ab einen Betrag von € 10.000, beschäftigte sich das Landgericht Tübingen mit dieser Praxis, da das Kreditinstitut keinen Unterschied zwischen laufenden und neu abgeschlossenen Verträgen machte. Im nachfolgenden Urteil (Aktenzeichen 4 O 187/17) hat der Richter dieses Verhalten für rechtswidrig erklärt. So dürfen Banken bei bereits bestehenden Einlagegeschäften nicht einseitig nachträglich eine Entgeltpflicht einführen.
Klagebegründung § 488 BGB
„Das Gericht stellt klar, dass Negativzinsen für bestehende Geldanlageverträge nicht mit Klauseln eingeführt werden können, wie sie die Volksbank Reutlingen verwendet hat“, so Niels Nauhauser, von der Verbraucher-Zentrale Baden-Württemberg, zum ergangenen Urteil. Ein Kreditinstitut darf aus einer Geldanlage aufgrund eines Zusatzes im Kleingedruckten keinen kostenpflichtigen Verwahrungsvertrag machen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg berief sich in ihrer Klage auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Denn laut Paragraf 488 sei hier nur der Darlehensnehmer verpflichtet, sprich die Bank, den geschuldeten Zins zu bezahlen. Dagegen kann der Darlehensgeber, also der Kunde, nicht dazu gezwungen werden.
Wegweisendes Urteil?
Für Niels Nauhauser ist dieses Urteil auch auf andere Kreditinstitute übertragbar, sofern eine Geldanlage mit vergleichbaren Klauseln beworben wurde, nun aber doch Negativzinsen verlangt werden. „Der Vertragstypus darf nicht per Klausel geändert werden“, argumentiert der Verbraucherschützer. Falls eine Bank Strafzinsen oder anders formuliert ein Verwahrungsentgelt von ihren Kunden verlangen möchte, muss dies neu verhandelt und vereinbart werden.
Vermutlich zieht das Urteil vom Tübinger Landgericht weitere Kreise und auch andere Banken müssen mit Konsequenzen rechnen, die vor dem Kadi enden.
Mit flächendeckenden Strafzinsen ist zu rechnen
Nun stellt sich die Frage: Was wird das langfristig bringen? Die Banken sind einer der großen Verlierer der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Ihr Hauptgeschäft besteht darin, Geld zu verleihen, das andere dort als Spareinlagen angelegt haben. Nur wirft dieser Sektor immer weniger Rendite ab, was bereits zu einem radikalen Beschneiden des Filialnetzes geführt hat und sich gewiss auch weiter fortsetzen wird. Wie bereits in folgendem Blogartikel dargestellt, ist mit flächendeckenden Strafzinsen ist zu rechnen.
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